Die Corona-Pandemie überschattet bereits seit Monaten das politische Tagesgeschäft. Ihre tatsächlichen Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft sind heute noch kaum absehbar. Fest steht allerdings bereits jetzt, dass vielen KMUs schwierige Monate bevorstehen. Es bestehen grosse Unsicherheit und berechtigte Sorgen.
Als ob die Herausforderungen zur Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen nicht schon genug wären, stimmen wir am 29. November nun über die sog. Unternehmensverantwortungsinitiative (UVI) ab. Mit ihr soll eine weltweit einzigartige Haftung mit neuartiger Beweislastumkehr eingeführt werden. Danach könnten Schweizer Gerichte Schweizer Unternehmen für Handlungen verurteilen, die durch ein sog. kontrolliertes Unternehmen irgendwo auf der Welt getätigt werden. Werden Schweizer Unternehmen eingeklagt, obliegt ihnen selbst der Entlastungsbeweis: nicht etwa der Kläger muss eine Verletzung von Menschen- oder Umweltrechten nachweisen, vielmehr müsste das Schweizer Unternehmen beweisen, dass weder es noch seine Zulieferer und Vertriebspartner ein Verschulden trifft. Langwierige und kostspielige Beweisverfahren mit ausländischen Zeugen, Auskunftspersonen, Gutachten und Augenscheinen vor Ort wären die Folge, welche selbst bei einem Freispruch zu gravierenden Reputationsschäden der betroffenen Schweizer Unternehmen führen können. Und anders als von den Initianten behauptet, wären gemäss Schätzungen von Experten über 80'000 Schweizer Unternehmen betroffen. Der Titel «Konzerninitiative» ist also irreführend und schlicht falsch. Zudem scheint vergessen zu gehen, dass gerade Entwicklungsländer von Partnerschaften zwischen Schweizer Unternehmen, den dortigen Behörden und NGOs profitieren. Bei einer Annahme der UVI werden Schweizer Unternehmen es sich wohl in vielen Fällen nicht leisten können, für mehrere Zulieferer derart umfassend zu haften und im Ausland selber für die Einhaltung aller Sorgfaltspflichten zu sorgen. Ein Rückzug von Schweizer Unternehmen aus solchen Ländern hätte verheerende Folgen für die betroffenen Länder und Bevölkerungen; die nachfolgenden Konkurrenten aus Asien und den USA würden dann wohl kaum höhere Menschenrechts- und Umweltschutzstandards einhalten. Ein Alleingang der Schweiz macht aus all diesen Gründen keinen Sinn. Denn Menschrechts- und Umweltschutz sind keine rein schweizerischen, sondern globale Anliegen. Ohne international anerkannte und aufeinander abgestimmte Regeln zu Umweltauswirkungen und Menschenrechte sind keine nachhaltigen Verbesserungen zu erwarten. Die EU etwa hat für nächstes Jahr einen ersten Vorschlag für eine sog. Lieferkettenregelung angekündigt. Die Schweiz sollte meines Erachtens nun nicht vorpreschen, sondern sich in Abstimmung und in Zusammenarbeit mit der EU und der UNO für das berechtigte Anliegen für einen stärkeren Schutz der Menschenrechte und der Umwelt einsetzen. In diesem Sinne lehne ich die UVI entschieden ab und plädiere für eine international konforme Umsetzung von entsprechenden Verantwortlichkeitsregeln auch in der Schweiz.
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Alain BaiGemeinderat Muttenz Archives
June 2022
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